Interview mit Katharina Bopst und Laura Kübler
13.06.2021 - Katharina und Laura spielen schon viele Jahre bei der TABB und studieren aktuell an der Marian University in Indianapolis. Wie das Training im College Tennis abläuft, was es mit dem Security Job bei den Indianapolis Colts auf sich hat, welche Rolle ein Alligator spielte und vieles mehr erfahrt Ihr in unserem ausführlichen Interview.
TABB:
Hallo Katharina, hallo Laura, herzlichen Dank, dass Ihr uns heute zu einem Interview zur Verfügung steht. Nur noch wenige Wochen bis zum Start der Verbandsspiele. Worauf freut Ihr Euch besonders, wenn Ihr an die Spiele mit Eurem TABB Damen-Team denkt?
Laura:
Am meisten freue ich mich, wieder mit dem kompletten Team das Wochenende zu verbringen. Bedingt durch die Corona Situation hat das schon gefehlt.
Katharina:
Ich sehe es ähnlich wie Laura. Insbesondere da es letztes Jahr für uns keine Verbandsspiele gab, ist es schön, dass sie dieses Jahr stattfinden und wir so wieder mit der ganzen Mannschaft die Wochenenden verbringen können.
TABB:
Die Sommermonate verbringt Ihr in Deutschland. Den Rest des Jahres studiert Ihr an der Marian University in Indianapolis, USA. Warum habt Ihr Euch für ein Studium dort entschieden?
Katharina:
Der Hauptgrund für mich war, dass sich in USA Studium und Tennis verbinden lassen, was so in Deutschland kaum möglich ist. Für die meisten, die in Deutschland ein Studium beginnen, rückt Tennis deutlich in den Hintergrund. In USA steht der College Sport mit dem Studium quasi auf einer Ebene, was uns ermöglicht, während des Studiums aktiv Tennis zu spielen. Durch das Studium im Ausland, lernt man andere Kulturen und Menschen aus vielen Ländern kennen. Es war für mich sehr reizvoll, ein komplett anderes Leben anzufangen als bisher zuhause.
Laura:
Ich kann Katharina nur zustimmen. Persönlich habe ich mich für ein Studium in USA entschieden, weil Tennis und Studium in Deutschland schwer vereinbar sind. Abhängig vom Studienort wird der Zeitaufwand sehr hoch, so dass Tennis schnell in den Hintergrund rückt. In USA ist Tennis mit im College-Programm und gibt mir die Möglichkeit, beides zu kombinieren. USA hat mich schon immer interessiert, so dass ich die Chance auf Tennis und Studium dort nutzen wollte. Ein grosses Plus ist, Sprache und amerikanische Kultur kennen zu lernen, weil wir mit dem College-Team auch innerhalb USA viel reisen. Die Herausforderung, in einer fremden Umgebung zunächst auf sich allein gestellt zu sein, hat mich gereizt. Anfangs niemanden zu kennen und Kontakte neu aufbauen zu müssen, kann einem schon Angst machen. Andererseits ist es eine coole Chance, viele neue Menschen kennenzulernen und sich so interessante Kontakte für die Zukunft aufzubauen.
TABB:
Katharina, Du hast das Studium in USA erst kürzlich begonnen. Wie war der Start an der Marian University und wie bist Du dort aufgenommen worden ?
Katharina:
Der Start im Januar 2021 war im Großen und Ganzen recht gut. Klar erlebt man erstmal einen kleinen Kulturschock und braucht etwas Zeit, um sich einzuleben. Ich wurde jedoch so lieb vom Team empfangen, dass mir die Eingewöhnung leicht fiel. Toll war natürlich, dass Laura schon da war. Mit ihr spiele ich schon viele Jahre in einer TABB-Mannschaft. Sie hat mir beim Start sehr geholfen und wir haben immer viel Spaß zusammen.
TABB:
Katharina, 2020 und 2021 waren geprägt von einer Pandemie. War es da nicht besonders schwierig, sich in einem neuen Land einzuleben. Soziale Kontakte waren auch in USA eingeschränkt. Oder war dies auf dem Campus gar kein Problem?
Katharina:
Da ich erst im Januar 2021 nach Indianapolis kam, habe ich das erste "Corona-Semester" nicht erlebt, dafür allerdings das Zweite. Positiv war, dass Uni und Professoren schon Erfahrung im Umgang mit dieser Situation hatten. Da die Uni nicht groß und die Belegungszahlen der Kurse eher gering sind, waren Vorlesungen als Präsenzveranstaltung teilweise schon wieder möglich. Dennoch sind viele der üblichen Campus-Events weggefallen. Da die Kontaktbeschränkungen nicht so streng waren wie in Deutschland, gab es trotzdem Möglichkeiten, Leute kennenzulernen und sich einzuleben.
TABB:
Laura, Du bist mittlerweile im 6. Semester und hast Dich für den Studiengang „Graphic Design“ entschieden. Was reizt Dich an diesem Thema besonders?
Laura:
Schon in der Schule waren Sport und Kunst meine Lieblingsfächer. Kunst hat mich schon immer interessiert, ich glaube auch, ein „Händchen“ dafür zu haben. So war für mich klar, dass eine dieser beiden Leidenschaften auch Inhalt meines Studiums sein soll. Graphik Design hat sich für mich am besten angehört, da die Digitalisierung weiter voranschreiten wird und sich viele Entwicklungsmöglichkeiten ergeben, wie z.B. Video Designer, Marketing- oder Produkt-Designer. Natürlich weiss ich, dass die Bewertung in Kunst von Lehrern oder Professoren abhängt, die Chance auf Kreativität war für mich jedoch ausschlaggebend.
Frage TABB:
Neben dem Studium spielt natürlich der Tennisport für Euch eine große Rolle. Ihr seid Teil der „Marian University Knights“ und dort häufig auf dem Trainingsplatz. Wie unterscheidet sich aus Eurer Sicht das Training am US-College von dem hier bei uns?
Laura:
Am College wird sehr viel mehr auf Punkte gespielt wird, vor allem im Doppel. In der College-Saison werden die Doppel als erstes gespielt und sind so von grosser Bedeutung für eine Begegnung. Dies spiegelt sich im Training wider. Tägliches gemeinsames Tennis- und Fitness-Training fördert die Teambildung. Ich persönlich finde, dass Teamidentität ein wichtiger Erfolgsfaktor ist. Jedes Semester kommen neue Spielerinnen dazu, so dass Integration eine permanente Aufgabe ist. Hier in Böblingen kennen wir uns alle schon ewig, was sich meines Erachtens sehr positiv auf den Teamgeist auswirkt.
Katharina:
Die grosse Bedeutung des Doppels im US-College-Tennis kann ich nur unterstreichen. Doppelübungen inklusive Volleys sind somit ein besonderer Trainingsfokus ebenso wie um Punkte zu spielen. Jeden Tag trainiert das gesamte Team gemeinsam, was zusammenschweißt. Der Teamerfolg steht über dem individuellen Ergebnis.
TABB:
Turnier- bzw. Mannschafts-Wettkämpfe spielen im College-Sport eine große Rolle. Laura hat schon angesprochen, dass die Spielfolge dabei anders ist als bei uns. Was könnt Ihr uns dazu berichten ?
Katharina:
Unsere College-Mannschaft besteht wie in Deutschland bei Verbandsspielen aus 6 Spielerinnen. Begonnen wird mit den 3 Doppeln, danach folgen die Einzel. Insgesamt spielt man um 7 Punkte. Das Team, das mindestens 2 der 3 Doppel gewinnt, bekommt einen Punkt. Die restlichen 6 Punkte werden pro Einzel vergeben. Die häufig angewandte „Clinch“- Regel bedeutet, dass eine Begegnung beendet ist, sobald ein Team 4 Punkte hat. Dann werden sofort alle noch laufenden Matches abgebrochen und nicht gewertet. Auch beim Coaching unterscheiden sich USA und Deutschland erheblich: In USA dürfen nur Trainer auf der Bank sitzen und coachen. Spieler dürfen lediglich anfeuern.
Laura:
Katharina hat das gut geschildert. Es bestehen enorme Unterscheide zu den Verbandsspielen hierzulande. Zu ergänzen wäre noch, dass beim Doppel nur ein Gewinnsatz gespielt wird. Die Clinch-Regel wird nicht immer angewandt, so dass teilweise alle 7 Punkte ausgespielt werden. Dies hängt vom Semester ab (Herbst / Frühjahr) bzw. vom Gegner. Manchmal ist ein Schiedsrichter anwesend, der von Platz zu Platz geht und bei Problemen eingreift.
TABB:
Lasst uns teilhaben an der verrücktesten Geschichte, die Ihr rund um Training oder Team-Spiel in USA erlebt habt. Gab´s ein ganz besonderes Ereignis ?
Laura:
Mein verrücktestes Erlebnis war der Spring Break Ausflug in meinem zweiten Jahr. Das ganze Team fährt für eine Woche nach South Carolina und spielt dort gegen Mannschaften, auf die man sonst in der College-Saison nicht trifft. Wir wohnen immer in einem riesigen Haus mit Pool und Alligator, spielen morgens und mittags Tennis gegen andere Unis und gehen abends an den Strand oder unternehmen Ausflüge. Das war das bisher tollste Erlebnis meiner Studienzeit in USA.
Katharina:
Etwas ganz Verrücktes ist mir bis jetzt noch nicht passiert. Grossen Spaß machen die Busfahrten zu den Auswärts-Spielen, die oft mehrere Stunden dauern. Am besten sind natürlich die Heimfahrten nach einem Sieg, bei denen im Bus Mega-Stimmung ist.
TABB:
Die Kultur unterscheidet sich zwischen USA und Europa. Gibt es Dinge aus Deutschland, die Ihr in USA vermisst oder Dinge, die Ihr in USA ganz besonders schätzen gelernt habt?
Katharina:
Besonders vermisst habe ich natürlich Familie und Freunde, aber auch einige Gerichte wie Spätzle, Maultaschen mit Kartoffelsalat und deutsches Brot. US-Amerikaner kennen nur Toast und Bagel und wissen nichts von der leckeren Vielfalt des deutschen Brotes. Was ich in USA sehr schätze, ist die Aufgeschlossenheit der Menschen dort, sie sind in der Regel freundlich und hilfsbereit, obwohl sie einen nicht kennen. Dies erleichtert auch die Eingewöhnung dort erheblich.
Laura:
Durchaus gibt es Dinge aus Deutschland, die ich in USA vermisse. Wie auch für Katharina zählt Essen wie Linsen mit Spätzle und Seitenwürschtle, Maultaschen sowie Brot dazu. Manchmal vermisse ich auch unsere Ordnung und Organisation. Einiges läuft dort eher ungeplant und chaotisch, so dass Lösungen etwas mehr Aufwand erfordern. Toll ist die Offenheit, Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft, auch Fremden gegenüber. Auch mir hat dies den Start in Indianapolis einfach gemacht. Dazu kommt eine grosse Gastfreundschaft: An Thanksgiving haben mich mehrere Kommilitonen zu Ihren Familien nach Hause eingeladen, um mir das traditionelle Familienfest zu zeigen. Extrem positiv ist der Sport. Er hat grundsätzlich hohe Wertigkeit, ja sogar Vorrang. So kenne ich das aus Deutschland nicht.
TABB:
Party gehört ohne Zweifel auch zu jedem Studium dazu. In den USA sind die Spring Breaks legendär. Erzählt uns doch mal ein wenig darüber?
Laura:
Party gehört absolut dazu, insbesondere Spring Breaks mit dem ganzen Team. Aber wir haben während des Spring Breaks fast jeden Tag ein Tennis-Match, so dass die grossen Partys an den Wochenenden stattfinden. Spring Breaks sind die beste Möglichkeit, mit dem kompletten Team zu feiern und sich inklusive der Coaches noch näher kennenzulernen.
Katharina:
Leider ist dieses Jahr wegen Corona unser Spring Break ausgefallen, so dass mir die eigene Erfahrung fehlt. Die Erzählungen darüber klingen jedoch nach einer tollen Zeit. Der nächste Spring Break kommt für mich ganz bestimmt.
TABB:
Laura, um den Spring Break zu finanzieren, musstest Du die letzten Jahre nebenher arbeiten. Was hat es mit dem Job als Security beim NFL Team der Indianapolis Colts auf sich?
Laura:
Um die Spring Break Wochenenden zu finanzieren, hat unsere Tennis-Mannschaft als Security im Lucas Oil Stadium bei den Football-Spielen der Colts gearbeitet. Meistens wurden wir für die Gates eingeteilt, d. H. wir haben Leute und Gepäck durchgecheckt, eingelassen oder wieder heimgeschickt. War nicht immer der angenehmste Job, vor allem als "Ausländer". Beispielsweise musste man Leute zurückweisen, weil die Tasche zu groß war, ein Messer im Schuh versteckt war oder eine andere Waffe mitgebracht wurde. Die Abgewiesenen waren natürlich nicht erfreut und haben uns das spüren lassen. Leichter war, wenn man nur Tickets zu scannen hatte. Meine coolste Erfahrung dort war, die Footballer zu "eskortieren". Dass bedeutet, einzelne Spieler als Security von den Umkleidekabinen zum Bus zu begleiten. Ich, mit meinen 1,60m, als Security für einen 1,95m großen Football Spieler. Wie ich den hätte beschützen sollen war mir nicht klar. Dabei mit den Spielern ins Gespräch zu kommen, war ein cooles Erlebnis. Im Endeffekt hat sich der Aufwand immer gelohnt!
TABB:
Der Sommer steht nun vor der Tür und sicherlich freut Ihr Euch auch wieder auf Sandplatz-Tennis. Welche sportlichen Ziele habt Ihr Euch zusammen mit dem Damen Team der TABB gesteckt?
Katharina:
Wir wollen natürlich so gut wie möglich spielen aber auch außerhalb von Training und Matches als Team mehr zusammen unternehmen, da wir uns alle gut verstehen und dies in den letzten Jahren etwas zu kurz kam.
Laura:
Ziele für das Damen Team sind natürlich, uns zu verbessern und immer unser Bestes zu geben. Als Mannschaft haben wir uns vorgenommen, auch abseits des Tennisplatzes mehr zusammen zu unternehmen und so als Team weiter zusammen zu wachsen. Sportlich wollen wir untereinander häufiger „um Punkte spielen“, um trotz Corona für die Verbandspiele vorbereitet zu sein.
TABB:
Ihr seid beide schon viele Jahre TABB-Mitglieder. Was gefällt Euch hier ganz besonders?
Katharina:
Dass wir ein Team sind, das schon so viele Jahre zusammen trainiert und so gut befreundet ist.
Laura:
Da ich quasi auf dem Tennisplatz aufgewachsen bin, war die TABB für mich immer wie ein zweites Zuhause. Dort habe ich Freunde fürs Leben gefunden, auch wenn man manchmal das halbe Jahr gar nicht da ist.
TABB:
Laura, abschließend musst Du uns noch die Geschichte mit dem „Haus Alligator“ erzählen, den Du oben erwähnt hast. Was hat es damit auf sich?
Laura:
Wie gesagt wohnen wir während des Spring Breaks immer in einem riesigen Haus, dessen Garten direkt an einen großen Teich grenzt. In meinem ersten Jahr dort waren wir eines Nachts nach einem langen Tennis-Match im Pool. Es war stockfinster. Wir waren sorglos bis plötzlich lautes Gejaule aus Richtung des Teiches zu hören war. Niemand wusste von welchem Tier diese Töne stammten. Entsetzt und kreischend haben alle den Pool verlassen und sich im Haus eingeschlossen. Nach einigen Minuten hat das Geräusch aufgehört, so dass wir uns aus dem Haus trauten und auf dem Nachbargrundstück einen Alligator entdeckten. Das Tier war künftig fast täglich da, bei uns oder im Nachbargarten. Wir haben uns eingeredet, dass er ungefährlich sei, um weiter den tollen Pool nutzen zu können.