Racket Tuning beim Schwedischen Davis Cup Team
Der Schläger ist natürlich für den Tennissport unverzichtbar. Neben Griff und Saite lässt sich aber auch sonst noch viel aus einem Racket rausholen. In einem interessanten Interview geben wir die Einblicke in das Racket Tuning der Schwedische Davis Cup Mannschaft.
Unser Interview mit Henrik Wallensten
15.01.2023 - Henrik Wallensten ist Teil des Schwedischen Davis Cup Teams und dort für das Tuning der Schläger zuständig. Klar, die Wahl der Saite, der Griffgröße und Bespannungshärte sind wichtige Aspekte. In unserem heutigen Interview gibt Euch Henrik aber nicht nur einen Einblick in eine der talentiertesten Mannschaften im Welttennis sondern auch Tipps zur Wahl und Ausstattung des für Dich perfekten Tennisschlägers.
Über Henrik Wallensten
Geboren wurde Henrik 1978 in Jönköping im Süden Schwedens unweit von Göteborg. Seit 2009 wohnt er mit seiner Frau und Tochter in Norrahammar. Neben seiner Tätigkeit im Davis-Cup Team von Schweden ist Henrik natürlich auch selbst als Hobbyspieler aktiv. Er spielt Ligaspiele für Tabergsdalens Tennisklubb im Norrahammar. Henrik hat früher auch in Deutschland für den Steglitz TK im Berlin sowohl Herren wie auch Herren 30 gespielt. Im Jahr 2022 spielte er für Eintracht Frankfurt bei den Herren 40-1.
TABB:
Hallo Henrik, freut uns sehr, dass Du uns zu einem Interview zur Verfügung stehst. In der Tennis Community in Schweden bist Du eine durchaus bekannte Person. Du schreibst nicht nur Berichte für das schwedische Tennismagazin, bist in Podcasts aktiv, sondern bist auch der offizielle Bespanner für das Schwedische Davis Cup Team und für die Ausrüstung der Profis verantwortlich. Wie bist Du zu dieser Aufgabe im Davis Cup Team gekommen und was machst Du hier genau?
Henrik:
Ich habe zum Jahresbeginn 2020 ein Anruf von Robin Söderling erhalten. Er hat mich damals gefragt, ob ich Zeit hätte und an einer Tätigkeit im Davis Cup Team interessiert wäre. Ich sollte hier den Bespannungs-Service für das Team von Schweden in der Partie gegen Chile in Stockholm übernehmen.
"Natürlich habe ich sofort zugesagt. Es ist für mich eine große Ehre Teil der Schwedischen Davis Cup Mannschaft zu sein."
Henrik Wallensten über seine Entscheidung Teil des Schwedischen Davis Cup Teams zu werden.
Meine Aufgabe ging dabei über das reine Bespannen der Schläger hinaus. Ich war für das Feintuning der Rackets zuständig zudem war ich „Springer“ und mit diversen Aufgaben im Team betreut.
TABB:
Das Racket ist die Verbingung zwischen den Spieler und dem Ball und mit Sicherheit einer der wichtigsten Komponenten im Tennis. Wie sensibel reagieren die Profis auf das Thema Bespannung des Schlägers.
Henrik:
Jeder Profi hat eine Art „Start-Konfiguration“ was seinen Schläger betrifft. Sie testen diese Basis Konfiguration dann unter den jeweiligen Bedingungen aus. Hier reagieren die Spieler sehr sensibel auf Temperatur, Höhe, Sonne, Wind und ähnliches und geben mir dann Feedback was an der Bespannung zu optimieren ist. Es kommt auch immer auf die jeweilig verwendete Maschine zur Bespannung der Schläger an. Nicht jede Angabe ist hierbei mit der Angabe einer anderen Maschine zu vergleichen. Ich stehe im ständigen Austausch mit den Spielern um hier das Optimum rauszuholen.
TABB:
Mal weg von der reinen Bespannung, welches Tuning nimmst Du sonst noch an den Schlägern der Profis vor?
Henrik:
Hier gibt es neben der Bespannung noch weitere Bereiche für die ich Zuständig bin. Unter anderem tausche ich die Ösenbänder, passe die Griffbänder auf die Spielerwünsche an, arbeite mit Silikoneinlagen im Gritt fum die Dämpfung zu verbessern und das Gewicht zu optimieren. Natürlich arbeite ich auch mit kleinen Bleistücken im Schlägerkopf um die Stabilität und den Ballancepunkt des Rackets zu optimieren.
TABB:
Unsere Club Mitglieder interessiert natürlich besonders wie wir Dein Fachwissen für den Amateursport nutzen können. Was empfiehlst Du Hobby-Spieler*innen wenn es um das Thema der Schlägerbespannung geht als erstes?
Henrik:
Jeder hat hier andere Vorlieben. Meine Erfahrung über die Jahre bringt mich zu der Meinung, dass Spieler*innen versuchen sollten den Schläger so weich wie möglich bespannen zu lassen. Viel zu viel Tennisspieler*innen spielen aus meiner Überzeugung mit zu harter Bespannung. Ich selbst spielte meinen Babolat Pure Drive früher mit fast 30 Kilo Bespannungshärte. Heute habe ich meinen vergleichbaren Schläger mit 21-22 Kilo bespannt. Das ist natürlich ein gewaltiger Unterschied. Aber das Material hat sich auch verbessert. Oft geht eine geringere Bespannungshärte besser als viele glauben. Die heutigen Saiten haben eine viel bessere Kontrolle als früher. Testet es einfach mal aus.
TABB:
Thema Schlägergriff. Hier sieht man im Amateurtennis so gut wie alles. Manche spielen nur mit dem Basisband, andere nutzen ein Overgrip. Es gibt sehr dünne Griffe mit Stärke 1 und andere lieben wiederum Griffstärke 5. Was ist Deine Empfehlung an die Hobbyspieler bezüglich des Schlägergriffs?
Henrik:
Ich empfehle hier immer die Kombination aus synthetischem Basisgriff in Kombination mit einem dünnen Overgrip Band.
"Aus meiner Sicht ist die Größe des Griffs entscheidend. Wenn der Griff zu groß oder zu klein ist verkrampf meist die Hand und der Spieler*inn hält den Griff zu fest."
Henrik Wallensten über die Griffgröße bei Tennisschlägern
Auf Dauer ist das sowohl schlecht für das Spiel, aber sicherlich schlecht für den Arm. Herren bevorzugen oft einen Griff zwischen 3 und 4, Damen einen kleineren Griff zwischen 2 und 3. Hier sollte jeder verschiedenen Optionen testen.
TABB:
Welches Tuning am Schläger sollten Hobbyspieler sonst noch vornehmen um ihrem eigenen Spiel mehr Variationsmöglichkeiten zu ermöglichen?
Henrik:
Das kommt auf das jeweilige Profil der Spieler*inn an. Eine kleine Gewichtserhöhung mit einem Bleiband an der Mitte des Schlägerkopfes (ca. 2-5 gr. an der 3 und 9 Uhr Position des Schlägers) bringen dem Schläger mehr Stabilität und natürlich auch mehr Schlaghärte.
TABB:
Worauf sollte man Deiner Meinung nach noch achten, wenn man sich einen neuen Tennisschläger kaufen möchte. Ist es eher die Ballance, das Gewicht oder generell das gute Gefühl, dass einem ein Schläger vermitteln sollte?
Henrik:
Das Gewicht und die Ballance alleine sagen oft wenig aus. Meiner Erfahrung nach ist das Schwunggewicht die wichtigste Größe. Das Schwunggewicht gibt an, wie gut sich ein Schläger manövrieren lässt. Es vermittelt ein Gefüh, wie beweglich man mit dem Schläger ist. Ein Tennisschläger mit viel Gewicht im Schlägerkopf aber leichtem Gesamtgewicht ist oft schwerer zu schwingen als ein vom Gesamtgewicht schwererer Schläger bei dem das Gewicht eher im Griff liegt. Auch hier ist es wichtig verschiedene Schläger oder Schwunggewichte zu testen und für sich selbst die optimale Einstellung zu finden. Ich selbst spiele z.B. mit einem Schwunggewicht von 325. Profis hingegen bevorzugen eine höheres Schwunggewicht mit 335 oder 360.
TABB:
Es kommt nicht oft vor die Chance zu haben ein wenig in ein Davis Cup Team hinen zu schauen. Was kannst Du uns über die Chemie im Schwedischen Davis Cup Team erzählen? Wie klappt hier die Zusammenarbeit mit den beiden Ymer Brüdern? Wie bereitest sich das Team auf entscheidende Matches vor.
Henrik:
Wir Schweden haben eine sehr kleine Mannschaft, wenn man das mit anderen Nationen vergleicht. In Bologna (im Herbst 2022) waren wir insgesamt nur 11 Personen. Zu den Teams zählen neben den Spielern und Coaches Hitting-Partner, Racket-Team und Physiotherapeuten. Die anderen Teams waren mit 20 bis 25 Personen angereist. Da wir eine so kleine Gruppe sind, ist bei uns die Team Chemie im Kader sehr wichtig. Wir verstehen uns hier alle sehr gut. Wir haben viel Spaß als Gruppe. Dies motiviert auch die Spieler, die im Mannschaftswettbewerb sehr gut spielen und hier oft Spieler schlagen welche im Ranking viel besser dastehen. Wenn wir hier unsere Team mit anderen Mannschaften vergleichen stehen wir da im Ranking noch eine Stufe hinter den Top-Mannschaften. Durch den guten Zusammenhalt in der Truppen können wir das jedoch ausgleichen. Daran erkennt man wie wichtig eine gute Chemie in der Mannschaft ist. Unsere Ergebnisse sprechen hier für sich.
TABB:
Im September habt ihr im Davis Cup in einer überaus schweren Gruppe gespielt. Italien, Argentinien und Kroatien bildeten mit Euch die 4er Gruppe. Gegen Italien mit Jannick Sinner, Matteo Berrettini und Fabio Fognini habt Ihr nur sehr knapp verloren. Wie zufrieden war das Team mit den Matches? Wie siehst Du die Zukunft der beiden sehr talentierten Brüder Michael und Elias Ymer?
Henrik:
Unser Ziel war es natürlich in die Endrunde nach Malaga zu kommen. Leider ist uns das nicht geglückt. Wir hatten als Team dennoch ein sehr gutes Gefühl nach dem Turnier.
"Ein Sieg und zwei sehr knappe Niederlagen gegen drei der besten Teams der Tenniswelt ist eine starke Leistung die uns Hoffnung für die Zukunft gibt."
Henrik Wallensten über die Leistung des Schwedischen Teams im Jahr 2022
Wir blicken optimistisch nach vorne. Die Ymer-Brüder sind noch jung und haben viele gute Tennis Jahre vor sich. Sie sind sehr talentiert. Mit André Göransson haben wir eine Weltklasse Doppelspieler. Ergänzt wird das Team durch einige junge Spieler auf gutem Niveau. Ich bin zuversichtlich dass Schweden sich in den nächsten Jahren in der Tennis-Welt behaupten wird.
TABB:
Bring unsere Leser zu lachen. Was ist das lustigste, dass Dir je im Kreise des schwedischen Davis Cup Team passiert ist?
Henrik:
Das gibt es eine lustige Geschichte aus unserem Hotel beim Turnier in Bologna. Wir wollten natürlich schlafen um fit zu sein. In einem der umliegenden Zimmer war ein Paar untergebracht, dass doch eine sehr laute „Liebesnacht“ hatte. Es war unüberhörbar. Es war also nicht so ruhig wie wir uns gewünscht hätten, sorgte bei uns aber durchaus für ein schmunzeln. Glücklicherweise war es die nächste Nacht wieder ruhig und wir hatten mehr Ruhe. Das Paar war wohl abgereist.
TABB:
Zum Abschluss haben wir noch eine spezielle Frage an Dich. Wenn Du ein Traumdoppel aufstellen könntest, bei dem Du selbst Teil bist, mit wem würdest Du gerne gegen wen spielen?
Henrik:
Ich würde sehr gerne mal zusammen mit Andrea Petkovic spielen. Sie sind ein sehr cooler Spieler und ich schätze sie sehr als Person. Als „Gegnerisches Mixed-Team“ wäre André Agassi und Steffi Graf geradezu perfekt. Aus meiner Sicht ein Traummatch. Wäre wirklich cool das Spiel zu spielen.
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