Das Doppel - Einblicke eines Champions
Andreas Mies ist zweifacher Grand Slam Sieger im Doppel und einer der stärksten Doppelspieler überhaupt. In unserem Interview sprachen wir mit ihm über Taktik, Strategie und mentale Stärke im Doppelspiel.
Unser Interview mit Andreas Mies
23.07.2022 - Ganz gleich in welcher Altersklasse, das Doppel-Spiel ist eine beliebte und auch spektakuläre Spielform im Tennissport. Es entscheidet nicht zuletzt fast immer über den Ausgang von Verbandsspielen und bildet für Hobbyspieler*innen den Abschluss eines Spieltages. Andreas Mies ist ein Doppelspieler der Extraklasse. In einem ausführlichen Interview konnten wir dem zweifachen French Open Gewinner wichtige Tipps für Dein nächstes Doppelmatch entlocken.
Über Andreas Mies
Andreas Mies ist einer der erfolgreichsten deutschen Doppelspieler aller Zeiten. An der Seite von Kevin Krawietz sicherte er sich zwei Grand Slam Siege. Der 1990 in Köln geborene Tennisprofi begann schon im Alter von 6 Jahren seine Liebe für den Tennissport zu entdecken.
Nach einem erfolgreichen Abitur und einem Stipendium ging es an die Auburn University in Alabama in welcher er nicht nur den Abschluss als Bachelor in BWL erlangte, sondern auch überaus erfolgreich Tennis für die Auburn Tigers spielte. Verletzungsbedingt konzentrierte sich Andreas Mies nach der College Zeit auf das Doppelspiel.
Mit Erfolg! 2019 und 2020 gewann er zusammen mit Kevin Krawietz die French Open. Bis heute ist Andreas Mies als Tennisprofi aktiv und steht aktuell auf Position 32 der ATP Doppel Weltrangliste. Neben seiner Profikarriere ist Andreas Mies als Tennis-Botschafter von Special Olympics in NRW aktiv.
TABB:
Hallo Herr Mies, herzlichen Dank, dass Sie sich heute Zeit für ein Interview mit der TABB nehmen. Wir möchten mit Ihnen über die psychologischen Aspekte des Tennisspiels sprechen. Ohne Frage sind Aufschlag und Volley im Doppel besonders wichtig und sicher Teil jeder Trainingseinheit bei Ihnen. Welchen Platz nimmt jedoch das mentale Training bei Ihnen ein? Ist das ebenfalls Teil des Trainingsprogramms? Wenn ja, wie gehen Sie hier vor?
Andreas Mies:
Mentale Stärke ist im Tennis ein sehr wichtiger Punkt, den man nicht außer Acht lassen darf. Ich persönlich absolviere aber keine regelmäßigen Trainingseinheiten in dem Bereich. Viel mehr habe ich mir im Laufe der Zeit einen kleinen Werkzeugkasten zusammengestellt mit Tools, die mir dabei helfen, in gewissen Situationen mental stark zu bleiben. Ich reflektiere regelmäßig wie ich mich auf dem Platz fühle. Und wenn ich mental mal weniger gut in Form bin, dann greife ich auf die psychologischen Mittel aus dem Werkzeugkasten zurück.
TABB:
Die Vorbereitung auf ein Turnier oder ein Match ist für ein Doppelteam sicher anders als für Einzelspieler. Wo sehen Sie die größten Unterschiede und wie wichtig ist der Austausch mit dem Doppelpartner?
Andreas Mies:
Als Doppelspieler ist man ein Teamplayer und entsprechend ist die Kommunikation mit dem Partner auf und neben dem Platz absolut grundlegend, um gute Ergebnisse zu erzielen. Kevin und ich legen uns vor einem Match immer eine grobe Taktik gegen die kommenden Gegner zurecht. Aber es ist auch wichtig, nichts zu überanalysieren und im Match flexibel zu bleiben, falls die zuvor geplante Taktik doch nicht so funktioniert wie erwartet.
„Allgemein sind das Einzel und das Doppel quasi zwei verschiedene Sportarten, die man einfach unterschiedlich trainieren muss.“
Andreas Mies über das Doppelspiel
Das ist etwas, das gerade in Deutschland in gefühlt fast allen Vereinen nicht getan wird. Während der Medenspiele werden erst die Einzel gespielt, wo der Ausgang über den Mannschaftssieg oftmals noch offen bleibt. Und am Ende hängt alles von den Doppeln ab, die aber keiner der Spieler*innen zuvor weder als Team noch separat trainiert hat - obwohl sie an der Stelle nicht selten so entscheidend sind. Ich habe vier Jahre in den USA College-Tennis gespielt und dort sind die Doppel genauso wichtig wie die Einzel. In der College-Liga werden die Doppel auch immer vor den Einzeln gespielt und es gibt dort doppelspezifisches Training, weil man das Doppel anders nicht ordentlich lernt.
TABB:
Wie läuft die Kommunikation während des Matches mit Ihrem Partner ab? Gibt es hier bestimmte Rollenverteilungen, z.B. einen der motiviert und pusht und einen der eher ruhig und nüchtern bleibt? Ändert sich dies vielleicht auch von Match zu Match?
Andreas Mies:
Kevin und ich kommunizieren auf dem Platz mit Handzeichen und mit Worten. Manchmal ruft einer von uns zum Beispiel „ich“, damit wir nicht gleichzeitig zum Ball laufen und uns die Köpfe einrennen. Es kommt aber auch tatsächlich vor, dass wir uns blind verstehen. Was die Rollenverteilung betrifft, haben wir keine konkrete Regel. Meist ist es so, dass ich pushe und „on Fire“ bin und Kevin ist eher ruhig und cool. Dadurch können wir uns mental ganz gut ausbalancieren. Wenn ich etwas über die Stränge schlage, kann Kevin mich gut wieder etwas runterbringen. Und ich heize Kevin an, wenn er mir etwas zu ruhig erscheint.
TABB:
Zusammen mit Ihrem Doppel Partner Kevin Krawietz sind Sie Grand Slam Champion und zählen heute zu den besten Doppelspielern der Welt. Zu Beginn Ihrer Karriere trafen Sie sicher aber auch auf eine gegnerische Doppelpaarung die übermächtig schien. Wie erhalten Sie sich den Glauben auch bessere Gegner schlagen zu können?
Andreas Mies:
Ich habe von Natur aus immer ohne Zweifel daran geglaubt die Besten der Besten schlagen zu können. Kevin und ich konnten uns das schließlich nach und nach beweisen. Auch wenn es schien als hätten wir die French Open aus dem Nichts gewonnen, ist es so, dass die Erfolge Stück für Stück kamen. Zuerst Titel auf der Challenger Tour, dann unsere erste Qualifikation für Wimbledon im Jahr 2018. Hier hatten wir einen unserer Schlüsselmomente. Wir haben uns aus der Quali ins Hauptfeld gespielt und sind bis ins Achtelfinale gekommen. Dort hatten wir zwei Matchbälle gegen die späteren Turniersieger Mike Bryan und Jack Sock und wussten, dass wir mit der Weltspitze mithalten können. Anfang 2019 gewannen wir unseren ersten ATP-250-Titel in New York und im Juni 2019 kam der Durchbruch mit dem Grand-Slam-Titel bei den French Open. Wir haben nach und nach noch mehr Selbstvertrauen aufgebaut. Zudem schauen wir, dass wir weder Siege, noch Niederlagen überbewerten. Vor allem aus Letzterem kann man wertvolle Erkenntnisse ziehen. Niederlagen zu erleben und Fehler zu machen ist wichtig, um sich weiterzuentwickeln und zu lernen. Man darf keine Angst haben Fehler zu machen.
TABB:
Wir alle kennen es, man hat einen schlechten Tag und trifft einfach nicht wie sonst. Wie gehen Sie mit Ihrem Doppelpartner so eine Situation an, wenn Sie merken, dass man keinen guten Tag erwischt hat?
Andreas Mies:
An der Stelle kommt wieder die Kommunikation ins Spiel. Kevin und ich reden vor einem Match und tauschen uns kurz darüber aus wie wir uns fühlen. Und wenn einer von uns oder beide einen schlechten Tag haben, dann versuchen wir halt das Beste daraus zu machen. Am Ende ist es nur ein Tennismatch. Unser Ehrgeiz und Siegeswille ist ohnehin immer vorhanden. Aber in solchen Situationen ist es dann vielleicht noch etwas wichtiger den Druck rauszunehmen und Lockerheit zu bewahren anstatt sich verrückt zu machen. Ein vermeintlich schlechter Tag wird sicher nicht besser, indem man im Match ausrastet, weil man sämtliche Bälle verschlägt. Und man muss seinem Doppelpartner generell Fehler verzeihen können, an einem schlechten Tag umso mehr.
TABB:
Das Doppelspiel ist im Amateurtennis in jeder Altersklasse Teil der Verbandsspiele und auch eine überaus beliebte Spielform. Welchen Tipp würden Sie Hobby-Spielern*innen geben wie sie sich auf ein anstehendes Match, ohne dass sie die Gegner kennen, am besten vorbereiten?
Andreas Mies:
Dafür dass es eine beliebte Spielform ist, wird das Doppel in Deutschland wie bereits angesprochen sehr stiefmütterlich behandelt. Ich empfehle im Voraus doppelspezifisches Training, wo beispielsweise das Spiel am Netz trainiert wird, das bei vielen Einzelspielern - auch auf der ATP Tour - eine extreme Schwäche aufweist.
„Außerdem ist es wichtig die Kommunikation mit den Handzeichen und verbal auf dem Platz zu üben und verschiedene taktische Grundzüge zu lernen.“
Andreas Mies die Vorbereitung auf ein Doppel-Match
Sehr von Vorteil ist es, wenn man als Mannschaft zusätzlich eingespielte Doppel-Teams aufstellen kann, wo die Kommunikation noch reibungsloser verläuft. Mit diesen Tipps hat man gegen blind zusammengewürfelte Doppel-Teams, die wenig bis gar kein Doppel trainieren - davon gibt es bei Medenspielen erfahrungsgemäß reichlich - äußerst gute Gewinnchancen.
TABB:
Verletzungen sind leider Teil des Sports. Sie mussten dies selbst schon erfahren. Sicherlich geht man während Verletzungspausen auch emotional durch ein Tal. Wie gehen Sie mit einer solchen Situation um. Wie motivieren Sie sich um den Glauben an ein Comeback und eine vollständige Genesung nicht zu verlieren?
Andreas Mies:
Verletzungen sind mit die größte mentale Herausforderungen für Profi-Sportler*innen würde ich sagen. Hier muss man sich immer wieder daran erinnern den Blick nach vorne zu richten, geduldig zu bleiben, stur das Reha-Programm durchzuziehen und seinen Ärzten und Physiotherapeuten zu vertrauen. Ich habe zudem zwei French-Open-Pokale im Wohnzimmerregal stehen, die mich jederzeit sehr motivieren.
TABB:
Zum Abschluss hätten wir noch eher eine hypothetische Frage. Wenn Sie sich aus der Geschichte eine berühmte Person als Doppelpartner oder Partnerin für ein Showmatch hätten auswählen können, mit wem wären Sie gerne mal auf dem Court gestanden?
Andreas Mies:
Wenn wir nur von Tennislegenden sprechen, dann gerne mit Roger Federer. Ansonsten stelle ich mir ein Showmatch mit Jürgen Klopp auch cool vor.
Erfolge von
Andreas Mies
- 2 French Open Siege im Doppel an der Seite von Kevin Krawietz
- 4 Turniersiege im Doppel bei der ATP Tour 250 bzw. 500 Turnieren
- 10 Turniersiege im Doppel auf der ATP Challenger Tour
- 3 Teilnahmen bei der Australien Open (bestes Ergebnis Achtelfinale)
- 3 Teilnahmen bei der French Open (Bestes Ergebnis zwei Turniersiege)
- 3 Teilnahmen in Wimbledon (Bestes Ergebnis Viertelfinale)
- 3 Teilnahmen bei der US Open (Bestes Ergebnis Halbfinale)
- 2. Platz in der Kategorie "Mannschaft des Jahres" bei der ZDF Gala "Sportler des Jahres 2020“
Hinweis zu den Bildrechten:
Die Bilder die hier verwendet werden wurden uns von Andreas Mies zur Verfügung gestellt. Die Bildrechte liegen bei Lara Dziendziol.
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